Smartphones, Roboter, Künstliche Intelligenz – das sind heute Innovationen, die  in Science-Fiction-Welten schon seit Jahrzehnten existieren.Informatiker und Buchautor Prof. Dr. Wolfgang Heiden zeigt, welchen Einfluss Werke wie die von Isaac Asimov und Jules Verne auf die heutige Welt haben.  // von Henrik Baumanns

„That’s one small step for a man, one giant leap for mankind”. Mit den berühmten Worten von Neil Armstrong bei der Mondlandung startet Professor Wolfang Heiden die erste Ringvorlesung 2024. Darauf anspielend erscheint die Titelfolie: „Ein kleiner Schritt…von Science-Fiction zur Realität (oder umgekehrt?!)“. Künstliche Intelligenz sei nur einer von vielen Fortschritten, die von Romanen und Filmen vorhergesagt wurden. So war schon die Mondlandung Teil von Jules Vernes „De la Terre à la Lune“ (von der Erde zum Mond), ein Roman aus dem Jahr 1865.

Nicht alle Prognosen stimmen…

Prof. Heiden blickt zurück: „Ich hätte vor fünf Jahren überhaupt nicht geahnt was für einen Einfluss ein Chatbot von Microsoft haben wird“. Bild: Melanie Kruse

Heiden ist neben seiner Arbeit als Informatikprofessor und Forscher im Bereich Multimedia und Storytelling an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg auch Fantasy Autor. „Ich hätte vor fünf Jahren überhaupt nicht geahnt was für einen Einfluss ein Chatbot von Microsoft haben wird“, erzählt er. Die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT ging in den letzten zwei Jahren stark hoch. Zwar bestanden einige Prognosen zu KI, diese glaubten aber selten, dass besonders kreative Nischen zu den ersten Betroffenen zählen würden. Schon vor 80 Jahren soll der US-amerikanische Unternehmer Thomas Whatson gesagt haben, dass es einen weltweiten Markt für vielleicht fünf Computer gebe. Auch ein Zitat aus dem Jahr 1977 von Ken Olsen, Gründer der Computerfirma DEC besagt, „Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte“. Heute wäre ein Haushalt ohne Computer undenkbar, aber vor noch nicht allzu langer Zeit wäre dies wahrscheinlich noch als unrealistische Vision belächelt worden.

… aber einige haben sich bewahrheitet

Im Gegensatz dazu definierte das tschechische Theaterstück „R.U.R. “ von Karel Čapek aus 1920 schon das Wort Roboter, und das 17 Jahre bevor der erste Roboter in der Industrie eingesetzt wurde. Isaac Asimovs Kurzgeschichtenroman „I Robot“ aus dem Jahr 1950 öffnet das Kapitel zur moralischen Diskussion, ob Maschinen menschlich sein können und trifft damit auf das Problem, dass der im gleichen Jahr entwickelte Turing Test lösen sollte. Laut Heiden ist diese Methode zur Überprüfung längst veraltet: „Seit Chatgpt diskutiert niemand mehr über den Turing Test, der Turing Test ist Geschichte“. Auch die Vorhersagen aus Dystopie Romanen wie Orwells „1984“ und Huxleys „Brave New World“ lassen sich in Überwachungsstaaten wie dem Chinas zum Teil wiederfinden. Selbst das Design des ersten Handys basiert auf Captain Kirks Kommunikationsgerät aus der Serie Star Trek.

Künstlich oder menschlich

Die Studierenden sind zahlreich zum ersten Termin der TUE-Ringvorlesung 2024 erschienen. Bild: Melanie Kruse

Ob es die berühmten Droiden R2-D2 und C3PO aus Star Wars, der Terminator oder der kleine Aufräumer der Erde Wall-E ist: Robotern und KIs begegnet man in fast allen bekannten Science-Fiction Geschichten. Und laut Heiden ist unsere Abhängigkeit von Chatbots, Smart Devices und digitalen Assistenten wie Alexa sehr vergleichbar mit vielen dieser Geschichten. Die Entwicklung von immer komplexeren KI-Systemen lässt die Diskussion, ob ein künstlicher Verstand auch ein Bewusstsein haben kann immer wieder aufkommen. So wurde 2022 ein Google Mitarbeiter gefeuert nachdem er in der KI LaMDA menschliche Züge erkannt habe. Asimovs Robotergesetze aus den „I Robot“ Kurzgeschichten sollen dafür sorgen, dass zwischen Mensch und Maschine eine ethische Grundlage besteht um Konflikte zu vermeiden. Erste Regel der Gesetze besagt, dass Roboter keine Menschen verletzen oder zu Schaden kommen lassen darf. Viele Science-Fiction Bücher und Filme brechen aber diese Regeln und auch in der Realität lassen auf rassistische Aussagen trainierte Chatbots daran zweifeln, inwiefern solche Gesetze von den Maschinen der Zukunft eingehalten werden können.

KI ist nicht das Ende der Welt

Viele fiktionale Zukunftsvisionen zeigen die Welt in einem schlechten Zustand und die Menschen abhängig oder wie in der Matrix als Sklaven der KI. Diese eher dunklen Beschreibungen sorgen bei einigen Menschen für Angst vor dieser Entwicklung. Aber laut Heiden ist KI bisher nur ein Werkzeug. „Wahrscheinlich müssen wir uns mehr Sorgen über die menschliche Dummheit machen als über KI“. Seiner Meinung nach geht es nicht um die Existenz der Technologie, sondern ausschlaggebend ist, wie man sie nutzt. Den Vortrag beendet er mit den Worten, dass wir den nächsten Schritt wagen können, es aber in unserer Verantwortung liegt, ob dieser ein gewaltiger Sprung sein wird oder nicht.

Datenschutz und autonomes Fahren

Die Studierenden sind sich einig: das Internet hat sich zu einer Herausforderung entwickelt. Bild: Melanie Kruse

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden unter anderem KI-gesteuerte Überwachung und der Umgang mit persönlichen Daten thematisiert. Die Meinungen des Publikums fallen ähnlich aus. Im Internet die eigene Privatsphäre zu wahren ist eine Herausforderung und oftmals nicht mehr möglich. Algorithmen, die oft genau das vorschlagen, was man vor ein paar Stunden nur kurz gegoogelt hat, die altbekannte Cookie Meldung oder die unumgehbare Registrierung mit Emails machen es schwer, im Internet keine Spuren zu hinterlassen. Und das wird in Zukunft noch mehr zunehmen, meint Heiden.

Auch das danach angesprochene autonome Fahren betrachtet Heiden als kritisch. Fragen, wer die Schuld an Unfällen mit autonomen Fahrzeugen trägt und wie eine KI in besonders kritischen Situationen ethisch entscheiden soll, können heute noch nicht geklärt werden. Zwar werden schon die ersten Selbstfahrer in der USA getestet, für einen weltweiten Einsatz ist die KI aber noch nicht bereit. Künstliche Intelligenz ist keine Science-Fiction mehr, aber ihre Ära hat gerade erst begonnen. Wie weit der Alltag durch KI verändert werden wird und wo die Grenzen liegen, wird sich in den nächsten Jahren klären.

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