Windkraft ist nachhaltige und erneuerbare Energie. Doch wie lässt sie sich in Deutschland umsetzen? Was sind die Hürden, die man überwinden muss? Antworten auf diese und andere Fragen gab die Juristin Claudia Gellert von Statkraft in ihrem Vortrag in der Ringvorlesung Technik- und Umweltethik. // von Pierre Brammen

Für Claudia Gellert ist der Ausbau der Windkraft ein wichtiges Anliegen: „Wir müssen da echt was tun“, sagt sie. Als Begründung führt sie an, dass die Erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse lägen. Gesetzlich habe sich schon viel getan, aber die Bürokratie und die Genehmigungsprozessen seien immer noch die größten Hürden. Und es gäbe auch noch Akzeptanzprobleme: „Alle wollen Windanlagen haben, aber niemand bei sich.“ Eine große Bedeutung habe die Informationen der Öffentlichkeit und natürlich auch die Weiterentwicklung nachhaltiger Technik.

Statkraft und LEE haben das gleiche Ziel

Die Studierenden erfahren, warum die Windkraft noch immer einen niedrigen Anteil im Energiesystem hat. Bild: Tim Metzger

Beide Ziele verfolgen das norwegische Unternehmen Statkraft und der Landesverband Erneuerbare Energien LEE, dessen stellvertretende Vorsitzende Claudia Gellert ist. Statkraft betreibt in Deutschland Onshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von 300 Megawatt und plant den Zubau von Wind- und Solaranlagen mit einer Leistung weiterer 1000 Megawatt. Zudem handelt das Unternehmen mit Energie. „Wir haben so ziemlich alles im Portfolio außer Kohle und Kernkraft“, sagt Gellert. Der LEE NRW habe als Ziel, die Öffentlichkeit für erneuerbare Energien zu begeistern und den Ausbau der Erneuerbaren Energie voranzubringen.

Ambitionierte Ausbauziele, aber langsamer Zubau

Im letzten Jahr kam 46 Prozent der deutschen Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie, ein Drittel des Stroms wurde aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Windkraft lag auf dem zweiten Platz. Dieses Jahr wurde das Ziel gesetzt, On- und Offshore-Windanlagen massiv auszubauen. Aktuell werden in Deutschland onshore 58 Gigawatt erzeugt – bis 20230 sollen es 115 und bis 2040 sogar 150 werden. Von Offshore-Anlagen werden aktuell acht Gigawatt erzeugt, bis 2030 sollen es 30 und bis 2040 70 Gigawatt sein. „Wir haben ambitionierte Ziele“, sagt Gellert und kritisiert, dass der Zubau nicht schnell genug voran gehe. So werde aktuell in NRW 392 Megawatt aus Windkraft zugebaut, aber um die geplanten Ziele zu erreichen seien 1000 Megawatt notwendig. Was geradezu paradox klingt: „Es sind mehr Anlagen stillgelegt als aufgebaut worden.“ Allerdings sei die Bilanz dennoch positiv, da die neueren Anlagen größer seien als ihre Vorgänger und somit mehr Energie erzeugen würden.

Hürden für Windenergie in Deutschland

Die Studierenden teilen ihre Meinungen: würden sie Windkraftanlagen im direkten Umfeld zum Wohngebiet tolerieren? Die mehrheitliche Antwort lautet: Ja. Bild: Pia Durth

Der Ausbau von Windenergie in Deutschland erweist sich laut Gellert als „nicht so ganz einfach“. Das im Juli 2022 verabschiedete „Windenergie-an-Land-Gesetz“ fordert, dass bis 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie ausgewiesen werden. Dennoch gibt Gellert die „Bürokratie und Genehmigungsverfahren“ als größte Hürde für den Ausbau von Windkraft an. So dauert es bis zu 13 Jahre, bis eine geplante Windanlage in Betrieb genommen werden kann. Ein anderes großes Problem stellt die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung dar. Windräder würden das Landschaftsbild stören oder seien zu laut. Auch der Naturschutz muss berücksichtigt werden, da viele Vögel durch Windräder umkommen oder Brutgebiete und Nahrungshabitate durch Windräder gestört werden können. An diesen Problemen wird laut Gellert gearbeitet. Es würden Ausgleichsflächen geschaffen und es würde an Systemen gearbeitet, die Windräder ungefährlicher für Vögel gestalten sollen.

Technik für mehr Nachhaltigkeit

Nach 20 Jahren ist eine Windanlage ausgefördert. Gellert stellt die Frage: „Was macht man dann damit?“ Es gäbe die Möglichkeit, die Anlagen abzubauen, sie weiterlaufen zu lassen oder sie zu repowern. Unter Repowern versteht man, dass eine neue Anlage an Stelle der alten aufgebaut wird. Dies wäre energietechnisch die beste Möglichkeit, da neue Anlagen meist leistungsstärker und effizienter sind. Außerdem wären die Standorte schon etabliert, was eine bessere Akzeptanz für die neue Anlage bringen würde. Die Flügel von Windkraftanlagen sind laut Gellert nicht gut recyclebar. Das sei ein Problem beim Abriss von Windrädern, unabhängig davon ob die Anlage repowert werde oder nicht. Die Juristin sieht darin eine „Herausforderungen für die Ingenieure“.

Der Ausbau der Windkraft muss beschleunigt werden

Claudia Gellert betont die Bedeutung der Windkraftanlagen für die Zukunft des Energiesystems. Bild: Tim Metzger

In der anschließenden Diskussion stellen Studierende der Nachhaltigen Ingenieurwissenschaften Fakten zum Recycling von Windenergieanlagen vor. Hier werde intensiv geforscht. Auch die Frage der Akzeptanz wird diskutiert. Es sei wichtig, die Belange der Menschen und der Umwelt zu respektieren. Gellert berichtet, dass die Beteiligung der Bürger und Gemeinden an den Gewinnen die Akzeptanz verbessern könne. Probleme wie Lichtemissionen, Schall oder Vogelschlag ließen sich mit technischen Lösungen verbessern. Einig waren sich die Studierenden darin, dass der Ausbau der Windkraft in Deutschland trotz aller Herausforderungen beschleunigt werden müsse. 

 

Ziel von Windkraftanlagen ist es, die kinetische Energie des Windes in elektrische Energie umzuwandeln. Der Wind treibt die Rotoren eines Windrades an, diese sind über die Nabe mit einem Generator verbunden. Dieser erzeugt dann elektrische Energie. Man unterscheidet in Onshore-Anlagen auf dem Festland und Offshore-Anlagen auf dem Meer. Offshore-Anlagen sind für die Energiegewinnung am sinnvollsten, da diese fast konstant laufenden Windräder kontinuierlich Strom produzieren. Da man bei der Nutzung von Windenergie keine fossilen Brennstoffe benötigt, gilt Windkraft als erneuerbare Energie.  

 

Interessante Links:

  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/windenergie-an-land#flaeche
    Flächen für Windenergie an Land: Das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ fordert einen starken Ausbau von Windkraftanlagen. Herausfordernd dabei ist die Bereitstellung der für Windkraft geforderten Landesfläche. Bis 2032 sollen es 2 Prozent der Bundesfläche sein. Der Artikel behandelt auch das Problem des Umweltschutzes bei Windkraft.
  • https://www.youtube.com/watch?v=ZP-bEgvoDZQ
    Windkraftanlagen | Aufbau und Funktion – Einfache Erklärung: Im Video werden der Aufbau und die Funktionsweise von Windkraftanlagen anschaulich erklärt. Außerdem wird beschrieben, wie Windanlagen automatisch eingestellt werden können, damit sie bei starkem Wind nicht zerstört werden.
  • https://www.uni-siegen.de/phil/aktuelles/forschung/960991.html
    Akzeptanz von Windenergie: Die Uni Siegen führte 2021 eine Umfrage zur Akzeptanz von Windenergie in NRW durch. Der Fokus lag dabei auf der Einstellung der Befragten zu Windenergie. Die Studie behandelt aber auch die Forderungen der Befragten an die Politik und kommt zu dem Fazit, dass Bürger:innen mehr in die Energiewende integriert werden sollten.
  • https://www.merkur.de/wirtschaft/nabu-kritisiert-mangelnden-artenschutz-bei-windkraft-ausbau-zr-92083017.html
    Kritik vom Nabu am Windkraft-Ausbau: Dieser Artikel beschreibt die Debatte zum Artenschutz bei der Windkraft. Der Naturschutzbund ist der Ansicht, dass neue Gesetzesänderungen dazu führen, dass der Artenschutz bei Windkraftanlagen weniger beachtet wird. Im Artikel wird die Kritik an den aktuellen Gesetzen zur Windkraft behandelt.
  • https://www.youtube.com/watch?v=HYJlcQwts_o
    Rettet die Vögel! – Kollisions-Überwachung für Windräder: In diesem Video von Galileo wird ein neues System vorgestellt, dass Vögel schützen soll, die durch Windkraft gefährdet werden. Durch Kameras und KI sollen Windräder kurzeitig gestoppt werden, wenn Vögel sich auf Kollisionskurs befinden.

 

 

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