Was können und was sollen Smart Cities leisten? Müssen wir überhaupt noch denken, wenn uns alles vorgesetzt wird? Diese Fragen stellte Professorin Dita Leyh in ihrem Gastvortrag. Für die Architektin und Stadtplanerin bei der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung DASL müssen wir Vor- und Nachteile abwägen. // von Maren Mandy Deppe

Bei dem Begriff „Smart Cities“ ist man sich bis heute noch uneinig. „Ich habe das erste Mal von Smart Cities in China gehört“, erklärte Leyh. In China gibt es rund 500 Smart Cities, diese seien eher technologieorientiert. Eine Stadt wird in China als smart bezeichnet, wenn sie große Mengen digitaler Daten sammelt. Diese „Big Data“ werden zu unterschiedlichen Zwecken genutzt. Die Stadt ist hier als ein Computernetzwerk oder intelligenter Algorithmus zu verstehen.

 

BSSR-Konzept: Smart City ist nachhaltig

Bild: Lucille Klarenaar

Die Smart-City-Charta des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung BBSR orientiert sich dem gegenüber an den Zielen der Nachhaltigkeit. Die Smart City soll responsiv und sensitiv sein. Sie nutzt Sensoren zur Sammlung von Daten und verarbeitet sie für neue Formen der Interaktion und des Lernens. Ziel ist die stetige Verbesserung kommunaler Prozesse und Dienstleistungen. Außerdem bietet sie ihren Bewohner:innen sichere private, öffentliche und digitale Räume, in denen sie sich bewegen und verwirklichen können, ohne Freiheitsrechte durch Überwachung zu verletzen. Die Abgrenzung von Smart City zu einer nachhaltigen oder klimaneutralen Stadt sei schwierig. Laut Leyh unterschieden sich die Konzepte kaum.

Datenschutz ist ein zentrales Thema

„Eine intelligente Stadt muss fähig sein zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Sie muss sich anpassen können.“ Dies soll anhand der gesammelten Daten passieren, die nach Vorkenntnissen unterschiedlich interpretiert werden. Dazu bedarf es einem Stadtmanagement und einer intelligente Stadtentwicklung. Auch ein Datenkontrollzentrum ist notwendig. Wer sammelt die Daten? Legen wir unser Daten in die Hand eines Unternehmens oder in die des Staates? Professorin Leyh zitiert Benjamin Franklin und macht damit ihren Standpunkt zum Thema Datenschutz klar: „Wer die Freiheit aufgibt, um die Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Bildauszug aus dem Vortrag von Dita Leyh

Songdo: Smart City mit Mängeln

Bild: Anna Klugmann

Es gäbe viele Ansätze, aber so richtig funktionieren würden Smart Cities noch nicht. Ein Beispiel ist die Stadt Songdo in Südkorea. Hier findet die erste komplette Umsetzung einer Smart City statt. In der Stadt sind über 500 Kameras installiert, die für Sicherheit sorgen. Per Gesichtserkennung können z.B. bei Verkehrsunfällen die verunglückten Personen direkt identifiziert werden, automatisch Einsatzkräfte alarmiert und Kennzeichen erkannt werden. „Wir fühlen und etwas unwohl bei dem Gedanken, so stark überwacht zu werden“, sagte Leyh, „Die Bürger:innen von Songdo sehen darin allerdings große Vorteile.“ Kritikwürdig an Songdo sei allerdings die automobilzentrierte Planung: Riesige Verkehrsschneisen zerteilen die Stadt. Zudem wären Bereiche wie Wohnen, Arbeiten und Einkaufen getrennt. „So würde man bei uns nicht mehr planen“, beurteilte Leyh das Konzept.

Digitalisierung hat ihre Schattenseiten

Durch Digitalisierung könnte die Intelligenz abnehmen. Hinweise dazu geben norwegische Studienreihen mit Rekruten: Bis zur Digitalisierung nahm die Intelligenz der jungen Leute zu, mit zunehmender Digitalisierung nahm sie jedoch ab. „Müssen wir überhaupt noch selbst denken? Wir kriegen alles vorgesetzt“, gab Leyh zu bedenken. Auch die Risiken müsse man im Blick behalten, so zum Beispiel auch, dass uns durch Bequemlichkeit nur noch gefilterte Informationen erlangen. Leyh äußerte sich auch kritisch zum Einsatz von Robotern in der Pflege, der angesichts des Pflegenotstand im Allgemeinen positiv gesehen wird: „Ich finde es bedenklich, man muss aufpassen, dass der Mensch nicht durch Maschinen ersetzt wird.“

Vision: Smarte Dörfer

Bild: Lucille Klarenaar

Für Leyh liegt das Potential, smarter zu werden, viel mehr außerhalb der Städte: „Ich sehe Chancen nicht nur für Smart Cities, sondern insbesondere auch für das smarte Dorf“, sagte sie. Die Vernetzung von Stadt und Umland würde viele positive Effekte haben und dies gelte insbesondere für Entwicklungsländer. Durch digitale Vernetzung könnten beispielsweise Bildungsangebote in Dörfern stattfinden oder mit Apps könnten Jobs angeboten werden. Es sei wichtig, individuelle Lösungen zu finden, die zur Geschichte, der Kultur und dem Ort passen.

 

 

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Die gesamte Vorlesung gibt es hier zu sehen:

 

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