Ist KI gut oder böse? Philosophy* Janina Loh hat ein Modell entwickelt, mit dem alle Technologien auf ethische Implikationen geprüft werden können. An den Beispielen Staubsaugroboter und ChatGPT zeigt Janina Loh, wie’s funktioniert. // von Chefredaktion

Eine Sache stellt Ethiky* Prof. Dr. Janina Loh im Vortrag „Roboter auf dem Ethik-Prüfstand“ direkt klar: „Unsere Handlungen sind niemals moralisch neutral. Nie, nie, nie!“ Mit diesem Satz lenkt they** die Aufmerksamkeit auf die ethischen Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik stehen. Denn unser Denken und Handeln übertrage sich natürlich automatisch auf Maschinen, die wir entwickeln. Loh verdeutlicht, dass Technologie nicht losgelöst von moralischen Überlegungen betrachtet werden kann und dass sie menschliche Werte und Entscheidungen widerspiegelt.

Ein Modell zu ethischen Bewertung von Technologien

Loh präsentiert das selbstentwickelte Modell zur ethischen Bewertung von Technologien. Bild: Mika Härtel

Loh stellt im Laufe des Vortrags ein selbst entwickeltes Modell zur ethischen Bewertung von Technologien vor, das sich auf vier zentrale Dimensionen konzentriert. Die erste Dimension ist Herstellung und Design – hier werden Herstellungsbedingungen und -auswirkungen für Mensch und Tier sowie zugrundeliegende Werte und Stereotyope hinterfragt. Die zweite Dimension Autonomie und Aufgabenbereich hinterfragt, wie groß die Verantwortung der Technologie ist oder sein darf. Die dritte und vierte Dimension sind den Themen Daten und Sicherheit sowie Kontext und Einsatzbereich gewidmet. Anhand von zwei Beispielen – einem Staubsaugroboter und ChatGPT – veranschaulicht Loh, wie anhand dieser Dimensionen Technologien ethisch überprüft werden können.

Die Frage nach der Verantwortung

Bei der Entwicklung und dem Einsatz von KI-Systemen wie ChatGPT stellt Loh kritische Fragen: „Wie kann man denn sicherstellen, dass alles von ChatGPT wahr ist?“ They** führt aus, dass die Antworten und Empfehlungen von ChatGPT auf Daten basieren, die möglicherweise voreingenommen oder ungenau sind, und dass die Nutzer*innen eine besondere Verantwortung haben, die Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Außerdem betont Loh, dass die Menschen hinter diesen Technologien oft in schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten: „Beim Füttern von ChatGPT werden Menschen, die für das Tool zahllose Quellen durchforsten, nicht angemessen bezahlt“, hebt Loh hervor und kritisiert die Missstände bei der Entwicklung von ChatGPT.

Autonomie von Robotern: Wo liegen die Grenzen

Die Studierenden erfahren alles zu den moralischen Grenzen von autonomen Robotern. Bild: Mika Härtel

Ein weiterer Aspekt, den Loh behandelt, ist die Frage nach der Autonomie und dem Aufgabenbereich. They** betont die Notwendigkeit, klare Grenzen zu setzen und ethische Überlegungen in den Vordergrund zu stellen, wenn es darum geht, welche Aufgaben Roboter übernehmen sollen. Im Falle des Staubsaugroboters kommt Loh auf den Wert des Lebens zu sprechen. „Wir sind uns mit Sicherheit darüber einig, dass der Staubsaugroboter keine Haustiere verletzen soll. Spinnen und Käfer wegzusaugen, ist aber durchaus erwünscht,“ erklärt Loh und verdeutlichte damit die unterschiedlichen ethischen Bewertungen, die sich bei der Frage nach dem Schutz des Lebens stellen können.

Datenschutz und Privatsphäre: Die unsichtbare Gefahr

„Ein Staubsaugroboter ist immerhin in ziemlich privaten Räumlichkeiten unterwegs,“ erklärt Loh und betont damit die Notwendigkeit, die Privatsphäre der Nutzer*innen zu schützen. They** weist darauf hin, dass solche Geräte Karten von Wohnungen erstellen und dabei sensible Daten sammeln könnten. „Wer profitiert von den erhobenen Daten?“, fragt Loh das Publikum und zeigt einen Bericht, der aufdeckt, dass einige Staubsaugroboter Fotos von intimen Szenen im Haushalt aufgenommen haben. Diese Beispiele verdeutlichen die Risiken, die mit der Nutzung scheinbar harmloser Alltagsgeräte verbunden sind.

Roboter: Gefahr oder Ersatz des Menschen

Die Studierenden präsentieren ihre Rechercheergebnisse. Bild: Mika Härtel

Loh zeigt zudem, wie wichtig es ist, den gesellschaftlichen Kontext und den Einsatzbereich von Technologien zu berücksichtigen. They** spricht über die Auswirkungen, die der Einsatz von Robotern auf den Arbeitsmarkt haben könnte, und stellt die Frage, ob Roboter und KI-Technologien die menschliche Arbeit ergänzen oder ersetzen sollten. „Wer macht den Laden abends sauber? Eine menschliche Reinigungskraft,“ kommentiert Loh ein Bild eines Geschäfts, das Staubsaugroboter verkauft, und stellt damit die Frage nach der zukünftigen Rolle des Menschen in einer zunehmend automatisierten Welt.

Aufruhr zu mehr moralischem Bewusstsein

Am Ende des Vortrags appelliert Loh an das Publikum, ein tieferes Verständnis für die ethischen Implikationen von Technologien zu entwickeln und aktiv Verantwortung zu übernehmen. „Wir müssen ein größeres moralisches Bewusstsein für Technologien entwickeln,“ fordert they** und weist auf die Notwendigkeit einer umfassende Analyse der ethischen Herausforderungen hin, die mit der fortschreitenden Digitalisierung einhergeht. In der anschließenden Diskussion zeigen die Studierenden großes Interesse an den ethischen Implikationen der KI und fragen nach deren Einfluss auf die Arbeitswelt sowie den potenziellen Auswirkungen auf Arbeitsplätze. Besonders thematisiert werden dabei Fragen zu Bias in den Daten und die ethischen Herausforderungen autonomer Systeme. Loh betont die Notwendigkeit, sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Anwendung von KI-Systemen eine verantwortungsvolle und ethisch bewusste Herangehensweise zu wählen. They** unterstreicht, dass die Verantwortung nicht nur bei den Entwickler*innen, sondern auch bei den Nutzer*innen liege.

 

Interessante Links:

  • https://toniloh.de/
    Die Webseite von Toni Loh, alias Janina Loh, bietet umfassende Informationen zur Person, zu den Forschungsgebieten und Publikationen. Besucher*innen finden hier detaillierte Einblicke in die Arbeiten zur Ethik der Digitalisierung und Robotik sowie Informationen zu aktuellen Projekten und Veranstaltungen.
  • https://www.youtube.com/watch?v=nf2rRlkom0M
    Diese arte-Dokumentation auf YouTube gibt einen umfassenden Überblick über die Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die Doku beleuchtet ethische Fragestellungen und technische Fortschritte und ist ideal, um sich ein fundiertes Verständnis des Themas zu verschaffen.
  • https://www.spektrum.de/leseprobe-kuenstliche-intelligenz-maschinen-mit-gedaechtnis/
    Diese Leseprobe aus dem Spektrum der Wissenschaft mit dem Titel „Künstliche Intelligenz: Maschinen mit Gedächtnis“ bietet einen tiefgehenden Einblick in die Funktionsweise und die Möglichkeiten von KI-Systemen. Der Artikel erklärt verständlich, wie KI „lernt“ und welche Herausforderungen und Chancen sich daraus ergeben.
  • https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/12/09/artificial-intelligence-act-council-and-parliament-strike-a-deal-on-the-first-worldwide-rules-for-ai/
    Diese Pressemitteilung des EU-Rats informiert über den neuen AI Act, der weltweit erstmals verbindliche Regeln für den Einsatz von KI festlegt. Der Text erläutert die wichtigsten Punkte der Richtlinie und deren Bedeutung für die Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien.
  • https://hateaid.org/ki-rassismus
    HateAid beleuchtet in diesem Artikel die problematischen Aspekte von KI in Bezug auf Rassismus. Der Text erklärt, wie Algorithmen bestehende Vorurteile verstärken können und welche Maßnahmen notwendig sind, um diskriminierende Tendenzen in KI-Systemen zu verhindern.

 

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