Futuristische Speicher sind ein beliebtes Medienthema. Der Faktencheck zeigt jedoch, dass manch uralte Technik ihnen überlegen ist. Den Möglichkeiten der Energiespeicherung sind physikalische und technische Grenzen gesetzt, aber trotzdem kann die Energiewende gelingen. // von Chefredaktion

Speicher spielen bei der Energiewende eine wichtige Rolle, da Strom aus Wind- oder Sonnenenergie volatil ist. Professorin Tanja Clees möchte in ihrem Vortrag Speichertechnologien einordnen, auch solche, die in der Presse fälschlicherweise als Lösung dargestellt werden. „Es ist wichtig über die Größenordnungen zu reden und wo es physikalische und technologische Grenzen gibt.“ Speicher könnten nur kurzfristig die Energieversorgung sichern, trotzdem ist sie überzeugt: „Wenn wir die Erneuerbaren konsequent ausbauen, Sektorenkopplung nutzen und insbesondere beim Wärmeverbrauch etwas sparsamer sind, können wir es schaffen!“

Ohne Sektorenkopplung geht es nicht 

Tanja Clees zeigt einen typischen Energiespeicher, eine Dynamo-Taschenlampe. Bild: Tim Metzger

Wie groß die Abhängigkeit von Gasimporten und gefüllten Gasspeichern war, hat der Ukraine-Krieg gezeigt. Als das russische Unternehmen Gazprom den Astora-Gasspeicher in Rheden nicht mehr auffüllte, hätten die Politiker gewarnt sein müssen, sagt Tanja Clees: „An der Nicht-Speicherung von Erdgas hätten wir sehen müssen, dass Putin etwas vorhat.“ Die Energiewende würde die Abhängigkeit von Energieimporten verringern, aber die Speicherung großer Energiemengen sei eine Herausforderung. Für die Speicherung großer Mengen von überschüssigem Strom müsse die Energie umgewandelt werden – das sei die so genannte Sektorenkoppelung. „Die gute Botschaft ist, dass die Technik dafür bereits vorhanden ist“, sagt Tanja Clees, „die schlechte ist, dass wir organisatorisch hintendran sind.“

Riesige Unterschiede bei Speicherkapazitäten

Dass Speicher nicht die alleinige Lösung sein können, erklärt Tanja Clees mit einem Diagramm: Auf der x-Achse hat sie die Kapazität verschiedener Speicher von Kilowattstunden bis Terrawattstunden angegeben, auf der y-Achse die Entladezeiten von Minuten bis zu Monaten. Die Zahlen sind logarithmisch angegeben, um die Darstellung in einer Abbildung zu ermöglichen. Es wird deutlich, dass sich Batterien und Kondensatoren allenfalls für kleine Verbraucher eignen. Schon der Energiebedarf eines Dorfs – hier setzt Tanja Clees 300 Megawattstunden an – könne nur von Fernwärme oder einem Pumpspeicherkraftwerk gedeckt werden. Der Energiebedarf einer Großstadt wie Berlin betrage allein für Strom schon 3,5 Terrawattstunden und diese Energiemenge könne nur von Porenspeichern, wie zum Beispiel ehemaligen Erdgaslagerstätten, gedeckt werden.

Medienhype um EnergyVault

Die Studierenden erfahren alles über die Ineffizienz aktueller Speichertechnologien. Bild: Tim Metzger

Mechanische Speicher wie EnergyVault werden oft als Lösung für das Speicherproblem präsentiert. Die Dimensionen dieses Speichers sind mit einer Höhe von 100 Metern auf einer Fläche von einem Fußballfeld sehr groß. Mit überschüssiger Energie werden Gewichte angehoben und bei Strombedarf heruntergefahren. Die Speicherkapazität ist allerdings mit 35 Megawattstunden und einer Dauerleistung von vier Megawatt für Tanja Clees „ein Scherz“. Projektbilder würden suggerieren, dass eine ganze Stadt mit Energie versorgt werden könne, aber dafür sei ein Speicher im Gigawattbereich notwendig.

Pumpspeicher sind uralt, aber effektiv

Speicher im Gigawattbereich sind beispielsweise Pumpspeicher, eine „uralte“ Technik. Sie bestehen aus einem Ober- und einem Untersee: Zur Stromgewinnung wird Wasser aus dem Obersee abgelassen und bei Stromüberschuss wird das Wasser wieder zurückgepumpt. „Innerhalb weniger Sekunden generieren diese Speicher Strom im Gigawattstunden-Bereich“, sagt Tanja Clees. Damit seien sie Garanten für Netzstabilität. Allerdings könnten Pumpspeicher nur begrenzt gebaut werden und der Eingriff in ökologische Systeme sei groß. Sie könnten auch nicht große Städte wie Berlin versorgen, die einen Strombedarf im Terrawattbereich hätten.

Nicht Strom, sondern Wärme speichern

Tanja Clees und die Studierenden sind sich einig: in allen Bereichen kann nur kurzfristig gespeichert werden. Bild: Tim Metzger

Teil der Lösung könnte das Speichern von Wärme sein. „Mit einem Wärmespeicher von 40 Metern Durchmesser und 60 Meter Höhe können wir schon Leistungen im Gigawattbereich erreichen“, sagt Tanja Clees. Dieser Speicher sei nicht so groß wie der mechanische Speicher EnergyVault, aber ein guter Puffer für Fernwärmenetze. Die großen Wärmespeicher funktionierten mit Wasser, der neuste sei im April in Berlin für das Fernwärmenetz in Betrieb gegangen. Seine Speicherkapazität sei 2,6 Gigawattstunden und ein Drittel der Berliner Haushalte könne 13 Stunden lang mit dieser Wärme versorgt werden.

Auch Sparen sichert die Energieversorgung

Tanja Clees resümiert: „In allen Bereichen kann nur kurzfristig gespeichert werden.“ Ziel sei deshalb ein Energiesystem, in dem der Strom aus erneuerbaren Quellen einen Großteil des Energiebedarfs decken und effektiv genutzt würde. Mit Stromüberschüssen könnte Wasserstoff hergestellt werden, der gasförmig, flüssig oder chemisch gebunden gespeichert werden könne. In der anschließenden Diskussion helfen die Kennzahlen zur Speicherkapazität sowie Nachhaltigkeitsaspekte bei der Einordnung verschiedener Speichertechnologien. Neben technischen Fakten spielt jedoch auch das Energiesparen für Tanja Clees eine wichtige Rolle: „Je weniger Energie wir verbrauchen, desto weniger muss gespeichert werden.“ Und sie appelliert an das Auditorium: „Reduzieren Sie Ihren Energiebedarf, insbesondere Wärme!“

 

 

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