Welche Auswirkungen hat der Verlust der Artenvielfalt auf unser Leben? Der Bonner Philosoph und Biologe Dr. Dirk Lanzerath verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Biodiversität und Lebensqualität sowie die damit verbundene Verantwortung des Menschen. Denn klar ist, der Mensch muss handeln um zu überleben. // Von Lisa Eidam
23.07.2014 // Zu Beginn der Veranstaltung „Lebensqualität und Biodiversitätsschutz: Ethische Aspekte“ stellte der Geschäftsführer des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE) die elementare Bedeutung des Erhalts der Biodiversität für den Menschen heraus. Mit Biodiversität sind nicht nur Arten, Lebensgemeinschaften und vielfältige Lebensräume gemeint, sondern auch die Anpassungsfähigkeit der Organismen an die Lebensbedingungen. Wenn sie verloren geht, sei auch das Überleben des Menschen nicht sicher.
Lanzerath kritisierte die geringe Präsenz des Themas in den Medien. Zwar werde oft über den Klimawandel berichtet, aber dieser sei im Gegensatz zum Aussterben der Arten umkehrbar. Über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität berichteten die Medien allerdings viel zu wenig. Schon jetzt seien die Folgen des Klimawandels sichtbar. Das zeige sich beispielsweise am Vermischen unterschiedlicher Tierarten, wie dem Braun- und Eisbären.
Was hat der Mensch mit dem Rückgang der Artenvielfalt zutun?
„Es ist erwiesen, dass der Mensch für den Rückgang der Arten- und Lebensraumvielfalt verantwortlich ist“, sagte Lanzerath. Dies habe verschiedene Ursachen. Zum Einen werden Lebensräume durch Bevölkerungswachstum und Umweltverschmutzung zerstört. Auch der hohe Verbrauch natürlicher Rohstoffe trägt zum Rückgang der Artenvielfalt bei. Zum Anderen werden heimische Arten durch das Einschleppen fremder Lebewesen verdrängt. Der Bevölkerung in Deutschland ist dies bereits bewusst. Die Studie „Naturbewusstsein 2013“ des Bundesumweltministeriums zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen von einem Artenrückgang überzeugt ist. Zudem herrscht die Meinung vor, dass der Erhalt der biologischen Vielfalt eine gesellschaftliche Aufgabe ist. Um klarzustellen, welche Arten geschützt werden sollten, müssten diese erst beschrieben, klassifiziert und kartiert werden, sagte Lanzerath.
Warum brauchen wir Biodiversität?Die biologische Vielfalt sichert unser Überleben: Pflanzen und andere Organismen sind Grundlage zahlreicher Nahrungsmittel und sie liefern Sauerstoff. Wenn zum Beispiel die Bienen ausstürben, würden viele Pflanzen nicht mehr bestäubt und würden keine Früchte mehr entwickeln. Biodiversität sei zudem wichtig für die Medizin, die aus Tieren und Pflanzen neue Medikamente entwickelt. So konnte zum Beispiel aus der Nacktschnecke ein neuer Wirkstoff für die Krebstherapie gewonnen werden. Internationale Umweltabkommen wie das Nagoya-Protokoll, die den Zugang und die Nutzung genetischer Ressourcen regeln, seien insbesondere für die Zukunft von Menschen in Entwicklungsländern überlebenswichtig. Lebensräume erhalten ist auch Teil des Biodiversitätsschutzes. „Ob Sie im Siebengebirge oder in der Eifel wohnen: Es ist wichtig, dass die lebensweltliche und kulturelle Identität dieser Naturräume erhalten wird“, so Lanzerath. Durch den Biodiversitätsschutz können wir in dem Bewusstsein leben, dass es die unberührte Natur noch gibt und wir diese kennenlernen können. Abschließend machte Lanzerath deutlich, welche Bedeutung die Biodiversität für technische Entwicklung, Forschung und Wissen hat. Wir Menschen sollten uns als Teil der Natur darum bemühen, den Verlust der Artenvielfalt zu reduzieren.
Was verbinden Studierende mit Biodiversität?
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion erklärten drei Studierende aus unterschiedlichen Fachrichtungen ihre Sichtweisen. Die Diskussion mit dem Plenum zeigte, wo die Probleme liegen, aber auch wie Lösungen aussehen könnten.
Patrick Hähnel, Student der Elektrotechnik, ist wichtig, eine zukunftsfähige Lösung zu finden. Seine Vision sind sogenannte „Green Cities“, urbane Zentren, bei denen die Gewinnung Erneuerbarer Energien und Grünflächen in die Städte integriert sind. Er zeigte den Studierenden ein Schaubild, wie die Stadt Frankfurt am Main 2050 aussehen könnte.
Sabrina Brumm, angehende Technikjournalistin, ist der Meinung, dass kaum jemand wüsste, warum Artenvielfalt so wichtig ist. Sie kann sich vorstellen, dass auch Technikjournalisten dazu beitragen können, ein Problembewusstsein zu schaffen. „Technikjournalisten können erklären, welche Techniken dem Artenschutz schaden und welche ihm nutzen.“
Als Stadtkind könne die Natur nicht wirklich wahrgenommen werden, so Frederik Otto, Philosophiestudent im 6. Semester. „Es ist für unsere Generation schwierig, eine Verbindung zwischen der Artenvielfalt und dem Stadtleben zu schaffen.“ Das Problem des Artenschwunds solle viel deutlicher behandelt werden, da der Verlust endgültig sei.