Das Artensterben ist dafür mitverantwortlich, dass Menschen um ihren Lebensraum bangen müssen. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) entwickelt deshalb neue Strategien zum Schutz von Biodiversität. BfN-Vizepräsident Thomas Graner findet, dass technologische Innovationen dabei entscheidend sind. // von Julia Schäfer und Jonathan Schmitt

“Es wird kein schönes Thema”, warnt Thomas Graner gleich zu Beginn seines Vortrags. Damit spielt der Vizepräsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) auf die Umweltzerstörung und den Verlust der Biodiversität an. Er ist wie viele Fachleute davon überzeugt, dass dies die Lebensgrundlage der Menschheit bedrohe und setzt sich seit Jahren intensiv für den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Umsetzung nachhaltiger Umweltstrategien ein.

Graners Ansatz verbindet Wissenschaft und Technologie. Er sieht in Künstlicher Intelligenz (KI) eine große Chance zur Bekämpfung des Artensterbens und des illegalen Handels mit Wildtieren. “Die Nutzung von KI ermöglicht es uns, Bedrohungen für gefährdete Arten frühzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren, bevor es zu spät ist,” sagt Graner. Diese Aussage unterstreicht seine Überzeugung, dass technologische Innovationen entscheidend für den modernen Naturschutz sind.

KI warnt Wale vor tödlichem Lärm

Zum Auftakt erklärt Graner die Vorteile der KI anhand von Schweinswalen. Bild: Leon Kresmer

Ein aktuelles Beispiel für eine KI-Anwendung ist die Überwachung der Schweinswale in der Ostsee. Diese bedrohte Art wird durch Lärm gefährdet, der beim Errichten von Windparks entsteht. Die Windräder werden dabei in den Meeresboden gerammt, sodass ein Schalldruck von bis zu 200 Dezibel entsteht. “Das Gehör der Schweinswale wird dabei so nachhaltig geschädigt, dass ein Überleben unmöglich ist”, erklärt Graner. Mithilfe von KI-gesteuerten Bildanalysen und akustischen Warnsystemen werden akustische Signale gesendet, um die Tiere zu vertreiben, bevor sie ertauben.

Unter bedrohten Tierarten vor allem Vögel

Schweinswale sind ein Beispiel von vielen, wie der Mensch und dessen Technologieeinsatz die Tierwelt bedroht. Graner informiert über die alarmierenden Zahlen. Immer wieder hält er dem Auditorium vor Augen, wie dramatisch die Lage ist: “Ich kann Ihnen sagen, es wird immer leiser, immer stiller, immer lebloser, immer toter. Und das in dramatischem Tempo.” Eins von vielen erwähnten Beispielen: Über 40% der am Boden brütenden Vogelarten seien bedroht, darunter Arten wie das Auerhuhn, der Steinadler und die Bekassine. “Von zehn Rebhühnern sind heute zwei noch am Leben. Den Rest bekommen wir auch noch tot”, sagte er und verdeutlichte damit die Dringlichkeit des Handelns.

Umweltbildung führt zu Umweltschutz

Die Studierenden, erfahren, warum Umweltschutz so wichtig und KI so bedeutend dafür ist. Bild: Leon Kresmer

Aus diesem Grund engagiert sich Graner für Umweltbildung und Bewusstseinsbildung. Der BfN-Vizepräsident arbeitet eng mit Schulen, Universitäten und gemeinnützigen Organisationen zusammen, um Bildungsprogramme zu entwickeln, die das Bewusstsein für Naturschutzthemen schärfen und junge Menschen inspirieren, sich aktiv für den Schutz der Umwelt einzusetzen.

Handy-App Flora Incognita unterstützt Biodiversität

Ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von KI im Naturschutz ist die App Flora Incognita, die Interessierten hilft, Pflanzen zu identifizieren. Mit über 6 Millionen Downloads und 500.000 Nutzungen pro Tag ist sie ein wertvolles Werkzeug für die Biodiversitätsforschung und den Schutz von Pflanzenarten. Graner plant, dieses Konzept auf die Tierwelt auszuweiten, sodass Tiere durch KI-gestützte Mikrofone und Bildanalysen erkannt und geschützt werden können.

Mit KI das Darknet durchforsten

Die Studierenden sehen auch die Bekämpfung der Wilderei in den Fähigkeiten der KI. Bild: Leon Kresmer

In der anschließenden Diskussion mit dem Auditorium wird darüber diskutiert, ob man nicht auch die Wilderei mit KI bekämpfen könne. “Guter Ansatz”, entgegnet Graner. Ein weiterer erfolgversprechender Ansatz, den das BfN zur Zeit verfolge, sei es, mit KI-Überwachungssystemen dem illegalen Artenhandel den Kampf anzusagen. „Die Kontrolle des Darknet wäre ein sustantieller Beitrag, da der Handel mit geschützten Arten einen größeren Schaden anrichtet, als der internationale Drogenhandel“, ordnet Graner ein.

 

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